Getroffen hat es Isa, gemeint sind wir alle

Politik und Polizei haben durch den breiten nachbarschaftlichen Widerstand aus dem Gefahrengebiet von 2016 gelernt: Wurde damals der gesamte Kiez kriminalisiert, so ist es heute vor allem noch der Dorfplatz (Rigaer Straße – Ecke Liebigstraße), an dem sie den Sitz der linksradikale Szene in Berlin lokalisieren und überwachen. Durchgängig patrouilliert die Polizei direkt vor unserer Haustür, beobachtet uns im Alltag, demonstriert ihr patriarchales Rumgemackere und kontrolliert willkürlich Menschen. Im Fokus steht dabei unser Nachbarhaus, die Rigaer94.

Die neue Strategie der Kriminalisierung besteht in dem Versuch von Spaltung, Entpolitisierung und Individualisierung. Sie äußert sich zum einen darin, die Rigaer94 politisch zu diffamieren. So wird versucht das Haus als vermeintliches ‚Chaotenhaus‘ darzustellen, sei es auf medialer Ebene oder durch die Praxis der Polizei, Menschen im Kiez auf ihre ‚gefährlichen‘ Nachbar*innen anzuquatschen und sie gegen sie auf zu hetzen. Ziel ist es, das Haus von seiner eigenen Nachbarschaft und von gesellschaftspolitischen Kämpfen zu isolieren und es als alleinstehend, störend und kriminell darzustellen. Sein widerständiges und durchaus politisch für den Kiez und auch darüber hinaus relevantes Sein und Handeln soll verschleiert (bzw. ihm abgesprochen) werden. Zum anderen wird den Bewohner*innen und deren Umfeld das Leben auf juristischer Ebene erschwert, indem Menschen einzeln Strafverfahren unterzogen werden und dieses Problem so individualisiert wird.

In beiden Methoden, der Vereinzelung von politischen Kämpfen und der Individualisierung von Problemen, äußern sich wesentlichen Methoden des kapitalistischen Staates, der gestützt wird durch den pseudo-gerechten und repressiven Apparat von Politik und Justiz. Befeuert wird das Ganze von unreflektierter medialer Berichterstattung, die die Praxis des Staatsapparates legitimiert.

Als letztes traf die Strategie der individuellen Kriminalisierung unseren Nachbarn Isa: Er wurde am 29.03.2018 von der Polizei bei einem Spaziergang mit seinem Hund festgenommen. Seine Wohnung wurde direkt danach durchsucht und Isa wurde in Untersuchungshaft genommen. Ihm wird vorgeworfen am 11.03.2018 gemeinsam mit seinem Hund einen Menschen vor der Bäckerei2000 am Dorfplatz angegriffen zu haben.

Wir sehen in diesem Vorgehen den Versuch an Isa (genauso wie am Beispiel Nero) ein Exempel zu statuieren indem er -als Person die der Rigaer94 zugeordnet wird- individuell die Macht und Willkür des Justizapparates zu spüren bekommt. Er sitzt ohne jegliche Vorstrafe und ohne Beweis für die ihm gemachten Vorwürfe seit nun mehr als 3,5 Monaten in Untersuchungshaft. Bereits zuvor hatte die Polizei sich keine Gelegenheit entgehen lassen Anzeigen gegen ihn zu provozieren und zu verteilen. Am 11.03. bot sich ihnen dann durch einen Vorfall am Dorfplatz die Möglichkeit Isa aus dem Verkehr zu ziehen: Ein Fremder griff Isas Hund mit einer Flasche vor der Bäckerei2000 an und bedrohte anschließend seine Frau Anja. Isa fixierte daraufhin den Mann auf dem Boden um Schlimmeres zu verhindern und verließ anschließend den Ort. Die Polizei wusste die Gelegenheit für sich zu nutzen, indem sie die Geschichte abänderten und Isa als Angreifer darstellte. Es wurde versucht den vermeintlich ‚Geschädigten‘ sowie Nachbar*innen zu Aussagen gegen Isa zu bewegen, um das Konstrukt zu belegen. Den Nachbar*innenparteien, welche ohnehin rassistische Ressentiments und andere Vorurteile gegen Isa hegten, schien die Gelegenheit ebenfalls sehr gelegen ihn aus dem Kiez zu bannen. Sie verbündeten sich mit der Polizei genauso wie die breite Medienlandschaft. So wurde die Aussage der Polizeisprecherin “Er schlug so heftig auf seinen Gegenüber ein, dass dieser mit mehreren Knochenbrüchen ins Krankenhaus kam” ohne Überprüfung und ohne jegliche Belege übernommen.

Isa wird schwere Körperverletzung vorgeworfen und der Prozess gegen ihn begann am 02.07.2018. Im Laufe der wenigen Prozesstage wurde klar, dass es keine Widersprüche in den Erzählungen der einzelnen Zeug*innen gibt: Die einzigen Zeug*innen, die den kompletten Vorfall miterlebt haben sind Anja, der Bäckereiangestellte und der ‚Betroffene‘. All deren Darstellungen belegen Isas Aussage zum ‚Tathergang‘. Selbst der ‚Betroffene‘ stellte nichts anders da, auch wenn sich das die Polizei wahrscheinlich gewünscht hätte. Die Passantin sowie die bisher gehörten Belastungszeug*innen aus dem Nachbarhaus der Liebig 12/Rigaer 12 konnten lediglich die Endsituation der Auseinandersetzung bezeugen. Auch deren Darstellungen stehen in keinerlei Widerspruch zu den anderen Aussagen.

 Der ‚brutale Angriff‘ konnte somit nicht bestätigt werden und entlarvte sich als geschaffenes aber gescheitertes Konstrukt. Nichtsdestotrotz wurde der Antrag der Verteidigung, Isa aus der Untersuchungshaft zu entlassen, von der Richterin abgelehnt. Dieses Resultat ist an Absurdität kaum zu übertreffen! Sie zeigt die Willkür des Justizwesens bzw. zeigt eine starke Abhängigkeit von politischen Entscheidungen aus dem Innenministerium.

Wie die Bewohner*innen der Rigaer94 und viele andere Menschen im Kiez, stehen auch wir solidarisch hinter Isa.

Wir verurteilen den deutschen Staat, dessen Politik und Justiz für seine alltägliche Praxis Ungerechtigkeit in den Mantel von Gerechtigkeit zu hüllen. Wir verurteilen die Praxis der Berliner Polizei in unserem Kiez systematisch Menschen einzuschüchtern, ihnen sexistisch, rassistisch und auf anderen Wegen ihre Macht zu demonstrieren. Wir verurteilen ihren Versuch die Nachbarschaft zu spalten sowie die Durchsetzung eines persönlichen Racheakts gegen unseren Nachbarn Isa. Wir verurteilen ihre Strategie ihm absurde Unterstellungen zu machen, Nachbar*innen zu bequatschen um Isa aus unserem Kiez zu bannen. Wir wünschen und eine solidarische Nachbarschaft und verurteilen die Denunziationen von Isa durch die Nachbar*innen Schnitzmeier, Ott und Benitez-Lopez zugunsten der staatlichen Logik.

Am 23. Juli um 9 Uhr findet der dritte und vermutlich letzte Prozesstag gegen Isa statt. Stehen wir zusammen wenn er so wie andere Gefährt*innen durch die Justiz individualisiert werden! Kommt zum Prozess und zeigt auch ihr eure Solidarität mit Isa und gegen die Repression im Nordkiez.

Bleibt widerständig gegen Gentrifizierung, Kapitalismus, Staat, und Patriarchat!

Liebig34

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