Nach der politischen Niederlage, welche die Senatsinnenverwaltung in Folge der Belagerung der Rigaer Straße und Räumung der Kadterschmiede im Sommer 2016 einstecken musste und die auf juristischer Ebene durch die fortlaufend verlorenen Klagen gegen die Rigaer94 bestätigt wird, entwickelt die Polizeiführung eine neue Strategie gegen die aufsässigen Bewohner*innen des Nordkiez.
Dazu ließ die Politik über die Presse verbreiten, man müsse die kriminellen Chaoten, wahlweise „Gangster“, von den ansprechbaren Anwohner_innen isolieren. Besonders aufgefallen war der Polizei dabei Isa und seine Wohnung im Erdgeschoss des Vorderhaus der Rigaer94 als strategische Position. Seit dem Polizeieinsatz in Folge der Belagerung ab dem 22. Juni 2016 verschärften sich daher die Konflikte zwischen Bullen und der Familie von Isa, insbesondere nach der Auseinandersetzung vom 26. Juni 2016, bei der Isa festgenommen und nicht unerheblich verletzt wurde. (Video von der Kundgebung am Tag danach: https://www.youtube.com/watch?time_continue=7&v=P2UhDH25ZuQ))
Die neue Strategie des LKA sieht vor, dass sie versuchen, einzelne Personen aus dem Haus oder einem der 94 zugerechneten Umfeld durch viele kleine Strafverfahren aus dem Verkehr zu ziehen (Eines von vielen Beispielen für diesen Umstand ist nachzulesen auf https://verfahrengebiet.noblogs.org/post/2018/06/07/erste-hilfe-fur-die-rigaer94/). Dazu werden verleumderische Psychogramme durch den Staatsschutz erstellt. Bei Isa gingen die Bullen dazu über, seine Kinder zu terrorisieren in der Absicht, ihn zu Widerstandshandlungen zu provozieren.
Übergriffe auf Kinder
Das ist nach Erfahrung von Anwohner_innen zufolge deutlich erkennbar. Die Aktenlage nach der Gewalteskalation beim Hoffest der Rigaer94 am 1. Oktober 2017, bei der unter anderem Isa eine Widerstandshandlung vorgeworfen wird, bestätigt dies. An diesem Tag sind massive Polizeikräfte um das Haus postiert, um Passant_innen und potentielle Besucher_innen anzuhalten und zu durchsuchen. Eine Gruppe von etwa 10 Kindern, darunter eine Tochter von Isa, ist um den Block unterwegs und singt Lieder mit, die sie per transportabler Lautsprecherbox abspielen. Weil in einem Lied der Code „ACAB“ vorkommt, entschließt sich ein Zugführer, ein „erzieherisches Gespräch“ mit den Kindern zu führen. Er zieht Isas Tochter am Arm beiseite, woraufhin diese protestiert. Der Zugführer unterstellt ihr, ACAB sei eine Beleidigung, woraufhin sie argumentiert, dies heiße All Cats are beautiful. Ein anderer Kollege kommentiert nun das Gespräch, dass ihr deutsch schlecht sei. Es sei „einfach nur Schade (…), dass obwohl sie in Deutschland lebt, ein verständliches Gespräch nicht möglich zu sein scheint.“ Während das Mädchen so gegen ihren Willen von vollgepanzerten Polizisten festgehalten wird, steht Isa in einer Gruppe von Anwohner_innen vor der Eingangstüre der Rigaer94. Das Geschehen ist in Sichtweite. Einige Anwohner_innen, darunter die Mutter, eilen den Kindern zu Hilfe. Daraufhin können die Kinder gehen und begeben sich zur Tür der Rigaer94. Ein Funkspruch erteilt die Anweisung eines Polizeiführers, die Gruppe von Kindern mit Videokamera zu filmen. Laut Akte hätte sich dann ein Trupp dazu „entschlossen, Kontakt zu den erwachsenen Bewohner_innen aufzunehmen, damit diese Einfluss auf das respektlose Verhalten der Kinder-/bzw. Jugendgruppe nehmen und diese Beleidigungen unterbinden.“ Wenig später nähert sich dieser Trupp mit Helmen, Handschuhen und Kamera im Anschlag. Die Gruppe von Kindern geht daraufhin in den Hof der Rigaer94. Sichtlich enttäuscht davon, dass die
Gruppe von Erwachsenen sich nicht ins Haus zurückzieht, fangen mehrere Beamte an, die Leute zu beleidigen. Laut Aussage eines Beamten hätte er „um die Stimmung aufzulockern“ gesagt, dass sie „gerne mitbrunchen würden.“ Bei der ersten Erwiderung aus der Personengruppe kommt es zu einem Angriff mit Tritten und Faustschlägen. Zwei Leute werden festgenommen und der Rest wird mit Pfefferspray zum Rückzug ins Haus gezwungen. Trotz des Vorfalls wird das Hoffest nicht abgebrochen. Mehrere Leute, unter ihnen Isa, haben jedoch Anzeigen wegen Widerstand, Beleidigung, Gefangenenbefreiung etc. bekommen.
Der Inhalt einer Anzeige vom 18.06.2017 ist ein weiteres Beispiel für die schamlose Verwendung von Kindern als Vehikel ihrer Repression gegen Isa. Beamte schreiben darin, dass sie aus dem Haus Rigaer 94 Kinderrufe gehört hätten: „Bullenschweine raus aus der Rigaer!“ Die drei Kinder, mit denen Isa später vor dem Haus gestanden habe, seien zwischen 10 und 14 Jahren alt gewesen. Es wurden Ermittlungen zu allen im Haus gemeldeten Kindern eingeleitet und Isa als deren Anstifter bezeichnet. Ein Staatsschützer verfasst einen Textbaustein, der später in allen Verfahren gegen Isa auftauchen wird. Darin steht, Isa sei ein unpolitischer, kiezorientierter Mehrfachtäter, der durch den Räumungseinsatz im Juni 2016 Hass auf die Polizei aufgebaut habe und sich darüber ärgert, dass seine Kinder regelmäßig Objekt polizeilicher Maßnahmen sind. (Zur Bezeichnung „Mehrfachtäter“: zum Zeitpunkt dieser Anzeige ist Isa nicht vorbestraft und nur bei dem Vorfall während der Belagerung 2016 aufgefallen.) Die Erziehung von Isa wird im Text als „asoziale Wertevermittlung“ bezeichnet.
Ein weiteres Verfahren bezieht sich auf einen Vorfall im Juni 2017. An diesem Tag hat Polizeimeister Wendt an der Rigaer Ecke Zelle Straße zwei minderjährige Kinder angegriffen. Während er eines festhalten kann, entkommt das andere mit Hund zur Rigaer94. Darauf errichten andere Beamte einen Sperrriegel, weil jetzt 30 Personen – unter ihnen Isa – aus der 94 kommen. Polizeimeister Wendt fürchtet laut eigener Aussage um sein Leben, so dass auch das zweite Kind entkommen kann.
In einer Vielzahl ähnlicher Vorfälle, die immer mit Polizeieinsätzen gegen die Kinder von Isa beginnen, wenn diese mit dem Hund Gassi gehen, entstehen mehrere Verfahren gegen ihn wegen Beleidigung und Bedrohung. Bewusst werden durch die Einsatzkräfte immer wieder Anlässe geschaffen, die Beobachter_innen keinen Spielraum zum Zusehen lassen. Obwohl stets mehrere Anwohner_innen eingreifen, bekommt Isa das Gros der Anzeigen.
Der „Brutale Angriff“ am Dorfplatz vom 11. März 2018
In dieser Phase der Provokation kam der Polizei der Vorfall vor der Bäckerei2000 mehr als gelegen. Zum ersten Mal fanden sich Anwohner_innen mit einer deutlich rechten Gesinnung, die sich durch den permanenten Polizeiterror gegen das Umfeld der Rigaer94 sicher genug fühlten, spontan in den Konflikt zu intervenieren. Von dem Moment an, als den drei Hauptbelastungszeug_innen die Möglichkeit bewusst wurde, Isa strafrechtlich schwer zu belasten, entluden sich ihre Emotionen. Die Polizei nutzte diese Kurzschlusshandlung konsequent aus.
Um die initiale Szene begreifbar zu machen, muss man sich die körperliche Auseinandersetzung, die unbestritten stattfand, vergegenwärtigen. Dies ist nur unter der Voraussetzung möglich, wenn man sich Isa als normalen Menschen vorstellt. Nicht wie die Zeug_innen aus der Liebigstraße 12, die sich in dem Moment, als sie Isa auf einem am Boden liegenden Mann sahen, von ihren ausgesprochen negativen Gefühlen haben leiten lassen. Was dem Gerangel am Boden vorausging, konnten sie nicht sehen, da sie erst durch den Lärm des Gerangels auf den Plan gerufen wurden. Beobachtet wurde das Geschehen zum Beispiel von Isas Frau, die auf der Kundgebung am 12. April schon berichtete. Aber auch die Ermittlungen der Polizei, die nun im Rahmen des Prozesses gegen Isa ans Licht kommen, sind aufschlussreich.
Der „Geschädigte“
Der Mann, der als „Geschädigter“ geführt wird, beschreibt in seiner ersten Vernehmung die Szene so, wie sie der Polizei am besten passte. Bei der Vernehmung ist der Mann wahrnehmbar alkoholisiert und gibt an, drei oder vier Bier intus zu haben. Er hätte lediglich einen Hund begrüßen wollen, dessen Besitzer, Isa, daraufhin den Hund aggressiv gemacht hätte. Anschließend hätten der Kampfhund und Isa ihn angegriffen. Er kommt daraufhin ins Krankenhaus. Im Laufe mehrerer Vernehmungen durch den Staatsschutz, der ihn wohlwollend in seiner Version bestärken will, weicht jedoch seine Version auf. Zuletzt erzählt er nun schließlich, dass er unmittelbar vor seinem Bierkauf bei der Bäckerei2000 privaten Stress hatte. Isa, der vorm Bäcker mit dem angeleinten Hund stand, hielt er aufgrund seiner Frisur für einen Nazi. Mit seinen zwei vollen Bierflaschen machte er Schlagbewegungen in Richtung des Tieres, worauf dieser zu bellen anfing. Er hielt es daraufhin für nötig, ihm zu zeigen, wer der Stärkere ist und schlug ihm die Flaschen auf den Kopf. Dann erinnert er sich daran, dass Isa ihn auf dem Boden fixiert hatte. Er berichtet von Schamgefühl aufgrund des eigenen Verhaltens.
Der Angestellte beim Bäcker
Am 10.4., wohlgemerkt einen Monat nach den Geschehnissen und fast zwei Wochen nach Isas Festnahme zur U-Haft, wird der Angestellte der Bäckerei2000 vernommen. Er schildert ebenfalls, dass der „Geschädigte“ mit den Bierflaschen den Hund fast bewusstlos geschlagen hat, daraufhin die Frau von Isa, welche zunächst im Bäcker und dann auch vor der Tür war, mit den Flaschen bedrohte und anschließend von Isa zu Boden gerangelt wurde. Die Art seiner Vernehmung spricht Bände über die Intention der Polizei. Mehrmals wird versucht, ihn einzuschüchtern oder zu verunsichern. Dass er bis zuletzt bei einer für seiner Version bleibt, ärgert die „Ermittler“. Die LKA-Beamt_innen scheinen ihm auch zu unterstellen, dass er sich nach dem Vorfall mit Angehörigen von Isa besprochen hätte oder unter Druck gesetzt wurde. Das führt dazu, dass der Bäckereiangestellte als Feind der Polizei in die Akte eingeht. Wie zum Beleg für seine Sympathien für Isa ist der Akte ein Auszug aus einem anderen Verfahren beigelegt. Dabei geht es um die versuchte Räumung der Kadterschmiede 2016, während der Kiez regelrecht und durchgehend durch Polizeiaktionen terrorisiert wurde. Es war ein polarisierender Moment, als die Bäckerei2000 verkündete, dass in ihren Räumlichkeiten Polizeibeamt_innen nicht mehr erwünscht seien. Die erlittene Schmach scheint durch die Polizei nicht überwunden zu sein, weswegen das trotzige Ermittlungsverfahren wegen „Nötigung“ gegen den Bäcker hier als späte Rache wieder auftaucht.
Rassistische Zeugen aus der Liebigstraße 12
Im krassen Gegensatz zu denn Verhör- und Ermittlungsmethoden gegen ausgemachte Feinde der Polizei steht die Stimmung zwischen dem LKA und den drei Zeug_innen. Sicherlich gab und gibt es undokumentierte Gespräche, die nie in Akten auftauchen werden. So gibt es z.B. handschriftlichen Verbesserungen, die nachträglich eingefügt wurden. Es finden sich keine kritischen oder suggestiven Nachfragen wie beim Bäckerangestellten. Bis auf Beobachtungen ab dem Zeitpunkt, wo Isa bei der Auseinandersetzung aktiv wird, gibt es hauptsächlich Aussagen über angebliches Hintergrundwissen zu seiner Person und sein Umfeld. Besonders hervor sticht dabei ein Zeuge. Er kam hinzu, als der ganze Vorfall schon einige Minuten vorbei war, kann also nichts Inhaltliches beitragen. Es wurde bereits an anderer Stelle berichtet, dass er sich nach seinem Eintreffen mit rassistischen Aussagen wie „krimineller Ausländer“ als Rassist hervor tat. Er wiederholt die Zuschreibungen, indem er die gesamte „Sippe des Polen“ als kriminell denunziert. Er offenbart, dass er Hass und Wut gegen die Rigaer94 empfindet und sie als Feinde betrachtet. Dementsprechend hat er mit einer anderen aus seinem Haus im Internet Bilder gesucht, um Bewohner_innen der Rigaer94 auszuforschen und weiss zu einigen etwas über ihre Gewohnheiten zu sagen. Alle Zeugen_innen aus der Liebigstraße 12 lassen dieselbe Haltung durchscheinen. Da ist die Rede davon, dass Isa sich wie ein König im Kiez verhält und Kinder vor ihm Angst hätten. Er würde „ständig Menschen kaputtschlagen“, genauso wie andere Polen seiner „Sippe“. Die Zeug_innen schildern, dass sie sich vor Isa fürchten würden. Dieser verbreite im gesamten Kiez bei den Bewohner_innen Angst und Schrecken. Nahezu jeden Abend würde er Handschuhe anziehen und mit einem Baseballschläger patroullieren. Mittlerweile würden alle Anwohner_innen wissen, dass dieser sehr aggressiv und unberechenbar sei und er sowohl Gewalt gegen Sachen als auch Personen verübe. Woher die Überzeugung rührt, mit der sie ihre Kiezgeschichten auftischen, wird gleich nochmal beleuchtet. Jedenfalls ist es mit diesem Hintergrund nicht weiter verwunderlich, dass sie der Polizei als Zeugen gelegen kommen. Ihre Aussagen beschränken sich inhaltlich darauf, Isa einen regelrechten Blutrausch zu unterstellen.
Einfluss der Polizei
Diese „Zeug_innen“ aus dem Eckhaus Liebigstraße 12 / Rigaer Straße 12 sind der Beweis, dass die Polizei nicht völlig alleine im Nordkiez ist. Es ist im Kiez ein offenes Geheimnis, dass in diesem Haus gelegentlich nach Wohnungen gefragt wird, die zu Observationszwecken überlassen werden sollen. Ob es Verfassungsschutz oder Polizeibehörden sind, die dort Überwachungskameras installieren wollen, ließ sich bislang nicht klären. Bekannt wurden mehrere Fälle, in denen Bewohner_innen die Mitarbeit verweigerten. Die aktuellen Aussagen einiger Bewohner_innen lassen vermuten, dass die Andockversuche an anderer Stelle gefruchtet haben. Sie glänzen mit Wissen über Unterstellungen und Einschätzungen zu verschiedenen Personen, die den Stil verdeckter Polizeiarbeit tragen. Es wird eine Fülle an ernsthaften Vorwürfen ohne Belege behauptet, um anschließend tatsächliche Gegebenheiten entsprechend einzuordnen. Unter dem Licht der abstrakten Unterstellung, dass Isa unter polnischen Beschimpfungen zum Spaß jeden Abend die Baseballkeule schwingt, um die Köpfe von Kindern kaputtzuschlagen, muss der Bäckervorfall wie die Tat eines Raubtieres aussehen. Dieses Bild stammt aus der Feder der Polizei, die sicherlich nicht nur öffentlich von kriminellen Gangstern spricht. Die Zeugen sind zu Instrumenten eines nicht zu leugnenden Plans geworden.
Dokumentiert hat die Polizei ihre Zersetzungsstrategie in den Ermittlungsakten. Ihnen wurde das Plakat beigelegt, welches durch Hundertschaftskräfte am 11. April, also am Tag vor der Kundgebung der Angehörigen und Freund_innen von Isa und der Rigaer94 geklebt wurde. Zu einem Zeitpunkt, als dem LKA bereits klar war, dass die Erstversion des „Geschädigten“ unhaltbar ist und der Bäcker bereits entlastend ausgesagt hat, reproduziert die Polizei die Lüge von einem unvermittelten gewalttätigen Übergriff. Komisch genug ist schon die Tatsache, dass auf einem angeblichen Zeugenaufruf die zur Frage stehende Sache schon vorgekaut wird. Das es eigentlich nur darum geht, Isa zu verleumden, wird dadurch klar, dass das Plakat mit „Brutaler Angriff“ überschrieben ist. Darum, der Sache auf den Grund zu gehen, geht es selbstverständlich nicht.
Dass der „Geschädigte“ inzwischen in Vernehmungen selbst von seiner ursprünglichen Version abgerückt ist, spielt auch für die Justiz keine Rolle, die ihn weiter in U-Haft hält. Ihr geht es darum, den Plan der Polizei und des Innensenators zu vollenden: die Spaltung der Bewohner_innen des Nordkiez in Gut und Böse, um letztendlich Anlässe gegen die widerständigen Strukturen zu provozieren.
Rassistische Ressentiments und faschistische Bedrohung
In der Vergangenheit spielten dabei gut informierte oder provokativ agierende Nazis des öfteren eine Rolle. Und auch hier gibt es Vermutungen über verdeckte Operationen. Nicht durch Zufall finden sich in den Aussagen aus der Liebigstraße 12 rassistische Ressentiments wieder. Gegen die „Gefahr von Links“, die die Zeug_innen verinnerlicht haben, ist die gesellschaftliche Rechte in Stellung gegangen. Der Verfassungsschutz bearbeitet genau jenes Feld und einige Vorkommnisse sind besorgniserregend, da sie die Möglichkeiten erweiterten staatlichen Handelns aufzeigen. Beispielhaft soll der Halle-Leak der Personalien von Bewohner_innen der Rigaer94 während der Belagerung 2016 genannt werden (https://www.vice.com/de/article/qbm7z7/auf-einem-neo-nazi-blog-sind-die-namen-von-linken-hausbesetzern-aufgetaucht). Das Konzept der faschistischen Bedrohung wiederholte sich zum Jahreswechsel 2017/18, als Nazidrohbriefe (https://de.indymedia.org/node/16467) bei verschiedenen Adressen, u.a. bei der Rigaer94 eingingen, die polizeiinterne Informationen des Staatsschutzes über Zielpersonen enthielten. Auch Wandanschläge mit konkreten Morddrohungen und polizeifreundliche Flyer im NS-Stil passen in dieses Bild. Unter diesen Vorzeichen und der Beinahe-Katastrophe beim Brandanschlag auf die Liebig34 im Oktober 2015 erscheint auch der geäußerte Wille des Innensenator Geisel, der Rigaer94 die Haustüren zu entfernen, in einem besonderen Licht.
Mehrfach waren Nazibesuche in der Rigaer Straße auch Vorwand für Polizeieinsätze. Sei es die Plakatieraktion von Pro Deutschland, das Nazifilmteam im Gefolge der Razzien im Januar 2016 oder der Nazi, der in der Rigaer78 des Hauses verwiesen wurde, woraufhin die Kneipe im Erdgeschoss von einem Großaufgebot brutal gestürmt wurde.
Toxische Symbiose aus Aktivbürger_innen und Polizei
Inzwischen sind es in der Darstellung der Polizei, die sie im Fall von Isa durch die Presse und auf eigenen Plakaten verbreiten lässt, ganz normale Menschen, die von den Kriminellen der 94 angegriffen würden. Damit gelingt es ihnen tatsächlich, einen bestimmten Teil der Nachbarschaft deutlich von dem solidarischen Kiez zu trennen. Die Helfer und Helferinnen der Polizei äußern in ihren Aussagen Hass und Wut auf die R94, sie suchen im Internet unter dem Begriff „Bewohner Rigaer Straße 94“ nach Fotos von Leuten, die sie belasten können. Sie glauben in ihren Aussagen die Strukturen und Beziehungen anderer Bewohner_innen der Straße für den formellen Sicherheitsapparat verständlich machen zu können. Dafür treffen sich diese Spitzel mit der Auswertungseinheit des LKA 52. Worauf Kriminalkommissar Warmuth in nazistischem Duktus von einer „toxischen Symbiose“ zwischen Isa und den Bewohner_innen des Hinterhauses schreibt.
Baldige Freiheit für Isa
Die Inhaftierung von Isa ist als Testlauf des Staates zu verstehen, den Kiez durch die Drohung mit Untersuchungshaft gegen widerständige Anwohner_innen zu spalten. Der Geschädigte und die Zeug_innen haben jedoch ihren anfänglichen Elan verloren. Sie sind unter dem Druck eingeklappt und sind zurückgerudert. Das reichte mittlerweile dazu aus, dass Isa die Möglichkeit bekommen hat, einen Deal einzugehen, um am ersten Prozesstag freizukommen und eine Bewährungsstrafe zu kassieren. Nachdem Isa über Monate enorme Gefährlichkeit, Flucht- und Verdunklungsgefahr unterstellt wurde, um seine U-Haft zu begründen. Er hat ihn abgelehnt, weil dies ein Geständnis der drei Vorwürfe vorausgesetzt hätte und die Bewährungsstrafe ihn und seine Familie de facto zum Freiwild für die Polizei gemacht hätte. Die Möglichkeit zum Deal verdeutlicht aber, dass die dreiste Offensive des Innensenats mit seinem Staatsschutzapparat und dem Abschnitt 51 zum Stehen gekommen ist. Sollte die Staatsanwaltschaft den Druck gegen Isa nicht beenden, wird es ein peinliches öffentliches Verfahren für die Strafverfolgungsorgane und letztendlich den Innensenat geben. Und sollte das Gericht dem Innensenat weiterhin bei Fuß stehen, stehen unruhige Zeiten bevor.
So wie wir die Rigaer politisch verteidigen, werden wir Isa als Menschen verteidigen. Wir werden keinen Erfolg der Polizei zulassen, die versucht, ihre Gewalt zu legitimieren, indem sie das Bild eines polnischen Kriminellen, eines wert- und willenlosen Türstehers der Rigaer94 oder eines unpolitischen Schlägers konstruiert. Es ist dieselbe Vorgehensweise, die genutzt wird, um Todesschüsse auf „Flüchtlinge“ oder „Geisteskranke“ zu rechtfertigen. Und es ist dieselbe Methode, mit der das unbewaffnete Opfer der Polizeischüsse im Berliner Dom als „Messermann“ und mit der Zuschreibung „Verrückt“ rückwirkend zum Tode verurteilt wird. Für uns ist Isa Freund, Vater, Geliebter, Anarchist, Kämpfer – alles in allem ein freier Mensch.
Lassen wir zum Schluss Henkels Nachfolger Andreas Geisel, der sich ungefragt in die Rigaer Straße eingemischt hat, zu Wort kommen: „Zu glauben, dass wir Probleme in dem Stadtbezirk mit Polizei alleine lösen können, ist ein Irrtum.“ Wichtig sei, „rechtssicher“ zu handeln, um nicht wie sein Vorgänger von Gerichten gerügt zu werden. „Diesen Triumph möchte ich der linksextremen Szene nicht noch mal gönnen.“
Schon Henkel ist in die Falle getappt, als er glaubte, seinen Polizeiapparat unter Kontrolle zu haben. Die Drohbriefe aus dem Staatsschutzapparat vom Dezember hätten Geisel noch eines Besseren belehren können.
Der Prozess beginnt am 2. Juli um 9 Uhr, Saal 101 (Turmstr.)
Vor Ort gibt es eine Kundgebung