Eine Bullenrazzia und ihre Folgen…
Am 30.März 2019 stürmten Bullen und der Zoll das Mensch Meier, ein linksorientierter Club in Lichtenberg.
“Die Sicherheitsbeauftragten des Mensch Meier waren gerade dabei, die Gitter im Eingangsbereich des Veranstaltungortes aufzubauen. Dabei wurden die Mitarbeiter*innen von mehreren, nicht als Beamt*innen zu erkennende Personen angegangen. Das Sicherheitspersonal zog sich daraufhin in das Kassenhäuschen zurück. Die Beamt*innen in Zivil wirkten auf sie wie angreifende Nazis, woraufhin sie versuchten die Tür geschlossen zu halten und sich verteidigten. Polizei und Zoll gaben sich vor dem Türhäuschen nicht zu erkennen.”(…) Pressemitteilung Mensch Meier
Als die Bullen sich gewaltsam Zutritt zum Mensch Meier verschafften, indem sie die Tür einhauten, zwangen sie die dort befindlichen Menschen mit gezogenen Waffen zu Boden. In Folge dessen wurden die 2 Sicherheitsmitarbeiter*innen und eine weitere Person festgenommen.
Ebenso gibt es weitere Schilderungen des Abends von Menschen, die vor Ort waren. Diese findet ihr beim Supernovamag. Die Anwesenden schildern folgenden Tatsachen: Die Bullen waren im ersten Moment nach dem Eindringen nicht als Bullen zu erkennen; gegen alle, die sich im Club befanden, wurde mit massiver Gewalt vorgegangen; einige wurden mit gezogener Schusswaffe zu Boden gezwungen. Das deckt sich mit der Pressemitteilung des Veranstaltungskollektivs RSNZRFLXN, die an diesem Abend die Soli-Party für die Seenotrettung organisiert haben.
Am nächsten Tag übernahmen die Bullen die Hoheit über diesen Einsatz, indem sie in ihrer Pressemitteilung einen völlig anderen Sachverhalt darlegten und einen Pfeffersprayeinsatz gegen sie skandalisieren wollten. Von Schusswaffengebrauch und sonstigen erbärmlichen Verhalten ihrerseits keine Spur… Die Berliner Presselandschaft druckte freudig und in hoher Auflage, diesen Scheiß.
Noch am selben Tag veröffentlicht das Mensch Meier eine Pressemitteilung (s.o.) und es findet eine kurzzeitige alternative Sichtweise auf das Geschehen statt, die selbst etablierte Skandalblätter wie die BZ veröffentlichen. Der Abend wird Teil der Innenausschusssitzung, in welcher die Bullenpräsidentin verlautbaren lässt: “Das Kollegen Waffen in entschlossener Sicherungshaltung hielten, kann ich wegen der hohen Gefährdung nicht ausschließen.” Nun bestätigten die Bullen, dass Schusswaffen eingesetzt wurden und ebenso wird das gewaltsame Vorgehen der Bullen Teil des Diskurses. Worin die Gefahrenlage bestand, bei einer mutmaßlichen Routinekontrolle in einem Club und dass ein Schusswaffengebrauch für notwendig gehalten wurde, wird aus der Pressemitteilung nicht ersichtlich.
Für uns bedeutet dieses Vorgehen, dass Tote in Kauf genommen wurden.
Presse
Um dem Erklärungszwang über den Einsatz abzuwenden, sickert einen Tag später die Information in die Presse, dass es sich bei einem der Türsteher*innen um Isa aus der Rigaer94 handeln soll. Das Echo lässt nicht lange auf sich warten und mit primitiven Schlagwörtern wird die sensationsgeile Presse auf die Öffentlichkeit angesetzt und Isa stellvertretend für die Strukturen der Rigaer Straße für vogelfrei erklärt.
„Razzia im “Mensch Meier” Türsteher aus der “Rigaer 94” wurde als Schläger verurteilt“ (Berliner Zeitung, Andreas Kopietz)
Der nicht unbekannte Andreas Kopietz beschreibt seine Charakterlosigkeit selbst: „Immer dabei sein, nie dazu gehören.“ – besser hätten wir seinen schlechten Journalismus auch nicht darstellen können. Offensichtliche Fehlinformationen sind Teil seiner Pressearbeit. So schreibt er: „Im April 2017 soll der Bewohner der „Rigaer 94“ einen Mann mit einem Fausthieb k.o. geschlagen haben“ – auch wenn das nicht sonderlich juckt, Isa wurde von diesem Vorwurf freigesprochen und weiter: „Seine 400-Milliliter große entleerte Reizgasflasche wurden beschlagnahmt“ – wo auf einmal das „S“ am Satzanfang herkommt konnten wir uns auch nicht erklären, schreiben doch sogar seine Bullenfreunde, dass „eine“ Reizgasflasche beschlagnahmt wurde, also kein Besitz festgestellt werden kann. Schon letztes Jahr mussten wir uns mit Andreas Kopietz beschäftigen, da er maßgeblich hetzerische Artikel und erfundene Informationen gegen Isa veröffentlichte. Siehe dazu: https://verfahrengebiet.noblogs.org/post/2018/08/09/die-rolle-der-presse-im-fall-isa/
Und auch die „Linke“ Tageszeitung, „Neues Deutschland“ trägt ihren Teil zur Medienkampagne bei. So ist sich die Autorin des Beitrags „Viel Aufregung um amtsbekannten Türsteher“, nicht zu schade Angaben über die Wohnverhältnisse Isas, in der Rigaer94 in den Raum zu stellen. Wer in der Rigaer94 wohnt verfügt scheinbar nicht einmal mehr für „Linke Journalisten“ über das Recht auf Anonymität.
Lange Rede, kurzer Sinn: Hier geht es schon lange nicht mehr um eine Aufklärung der Öffentlichkeit über den Abend im Mensch Meier, sondern um die Wiederaufnahme der Diffamierungskampagne gegen Isa, pünktlich einen Monat vor dem Beginn des Berufungsprozess. Ebenso ist die Namensherausgabe nicht verwunderlich, sie ist offensichtlich Teil einer Strategie gegen politische Gegner*innen, wie endlose Beispiele der letzten Monate zeigen:
Drohbriefe vom Staatsschutz
Drohbriefe gegen Anwältin Seda Başay-Yıldız von Frankfurter Bullen
Analyse
Der Einsatz im Mensch Meier letzten Samstag ist kein Einzelfall brutalen Vorgehens der Bullen gegen Strukturen und Menschen, die sich außerhalb der beschränkten und menschenfeindlichen Regeln dieses Staates zusammen organisieren, leben und kämpfen. Er reiht sich in ein generelles staatliches Programm gegen Illegalisierte, Papierlose und Vagabunden ein.
Razzien in dieser Form finden stetig statt. Sei es der Verdacht, dass ein Joint in einer Clublocation geraucht wurde oder laute Musik mit Sturmgewehren unterbunden werden muss und das sind noch die „harmlose Beispiele“, wie auf Grund von Banalitäten gegen Menschen vorgegangen wird. Es scheint, dass in einer Welt der sozialen Kontrolle schon ein „ich glaub er hatte sowas wie eine Waffe“ martialische SEK Einsätze auslösen, bei denen in der Regel massive Gewalt angewendet wird und auch wenn am Ende nicht mal eine Waffe gefunden worden ist, in der öffentlichen Wahrnehmung der bloße Einsatz eines Spezialkommandos als Rechtfertigung allein schon reicht.
Dass nun Isa ins Rampenlicht gezogen wurde, wundert uns nicht. Trotz dessen muss die Hetzkampagne gegen ihn dargestellt und eingeordnet werden. Wir sehen den Prozess, der gegen Isa läuft nach wie vor als einen Politischen. Auch wenn das öffentliche kollektive Gedächtnis durch
primitive Schlagwort-Politik zur Vergesslichkeit erzogen worden ist. Wir vergessen nicht die gezielten Diffamierungsversuche, Isa als unpolitischen Schläger darzustellen. Die Vorverurteilungen und die brutalen Bulleneinsätze gegen ihn und seine Familie. Wir vergessen auch nicht, für was Isa stellvertretend bestraft werden soll. Er ist nach wie vor ein Bewohner der Rigaerstraße 94 und damit dem Staat ein Dorn im Auge.
Denn der Kampf, der im Nordkiez tagtäglich stattfindet, reiht sich ein in einen Kampf gegen die Logik der Reichen, die unsere Stadt bis auf den letzten Winkel verkaufen. Er reiht sich ein in einen Kampf gegen einen Europäischen Rassismus der Menschen innerhalb illegalisiert und außerhalb gezielt Jagd auf sie macht, sie erschießt oder ertrinken lässt. Er reiht sich ein, in einen Kampf gegen die totale soziale Kontrolle, durch die Nachbar_innen zu diletantischen Bullenspitzeln werden und die Augen der zahlreichen Kameras in der Stadt mit den ihren ergänzt.
Scheiß Bullen!
Soligruppe für ISA
Für Kontakt, auch im Bezug zu dem Vorfall im Mensch Meier, meldet euch auf unsere E-mailadresse: verfahrengebiet[at]riseup.net
Isas Berufungsprozess startet am
6. Mai um 9.30 Uhr, Turmstr. 91, Saal 101
weitere Termine sind:
17.05. , 21.05. , 24.05. , 28.05. , 07.06.