Von Indymedia übernommen:
„nothing is more violent than the return to normal“
Der Titel eines Textes des crimethinc Kollektiv, anlässlich des G20 Gipfel letzten Jahres, bewahrheitet sich derzeit auf das Doppelte, im Großen mit immer neueren Verwerfungen, von Armut, Krieg und Aufkommen eines Faschismus des 21. Jahrhundert und im Kleinen mit der massiven Repression der sich der Widerstand gegen den Gipfel ausgesetzt sieht…
„Zehn leere Flaschen Wein, können schnell Zehn Mollis sein“ Ton Steine Scherben
Als letztes Jahr, ein paar Wochen vor dem G20 Gipfel, zwei Camper*innen in einem Kleinwagen kontrolliert wurden, zog das ein Konglomerat an Ermittlungen und Repression mit sich: Observationen, Abhörmaßnahmen, Meldeauflagen & verhängter Präventivhaft. Mit Blühten schlagender Phantasie wurde, ähnlich dem Ton Steine Scherben Song, schnell aus leeren Kisten, die Vorbereitung einer „schweren staatsgefährdenden Gewalttat“ nach §89a, inklusive assoziierter Bilder entführter Messechefs, seitens der Spürnasen. Einige Personen haben es in dem Zusammenhang vorgezogen, den Meldeauflagen nicht nach zu kommen und haben sich so einer später beschlossenen Präventivhaft entzogen. Nachdem im Zuge des o.g. nicht-nachkommens der Meldeauflage, Personen mit dem neuem Postservice des Berliner LKA 64 (Szenekundige Zivicops) Zwangsgeldbescheide zugestellt wurden – herrschte lange „Funkstille“.
DNA-Beschlüsse
Pünktlich zum Valentinstag haben nun vier Personen Post, vom Amtsgericht Berlin, bekommen. In dem Brief räumt das Gericht den Betroffenen ein, binnen 10 Tagen eine Stellungnahme bzw. eine freiwillige Abgabe zu tätigen, andernfalls wird sich ein vollstreckbarer DNA-Beschluss besorgt. Mittlerweile ist die erste Runde der juristischen Gegenwehr vorbei und es gibt seit Ende April vollstreckbare DNA-Beschlüsse. Einer dieser Beschlüsse wurde im Zuge der Kalabal!k Razzien vollstreckt. Gegen die anderen drei Beschlüsse konnte vorerst eine Aussetzungen des Beschlusses, bis zum Entscheid der Beschwerde erwirkt werden. Der individuelle Umgang der Betroffenen, der an deutlich reale Lebenssituationen gebunden ist, brachte mindestens auch eine Person dazu sich dem Auge der Behörden für einen gewählten kürzeren Zeitraum zu entziehen und die Stadt zu verlassen, mindestens bis zum nun eingetretenen Fall des Aufschubs.1 Aus den Akteneinsichten zu den DNA-Beschlüsse ergibt sich, dass das Berliner LKA aufgrund von „schweren Diebstahls aus politischen Motiven“ bzgl. der, in dem in der Nähe stehendem Transporter gefundenen, Streugutkisten ermittelt – interessant dabei, die „politische“ Aufwertung einer Straftat ähnlich dem Fall um einen angeblichen Diebstahl eines Erste-Hilfe-Set. Was sich wie ein schlechter Scherz anhört, DNA zu entnehmen angesichts eines vermeintlichen Schadens von 179€, lohnt einer genaueren Betrachtung:
Die gesamte Akte ist so konstruiert, das sie keinen anderen Schluss zulässt, als der, dass die Akte nur erstellt wurde um an die DNA der Betroffenen zu kommen. Die eigentliche Motivation dürfte darin begründet sein, dass von acht unterschiedlichen Personen DNA Spuren mit jeweils sechs sogenannten Kreuztreffern zu anderen Spuren, in den Fahrzeugen gefunden wurde. Vom Ermittlungseifer beflügelt, wird selbstverständlich auch das persönliche Umfeld von einigen Beschuldigten in das Verfahren einbezogen. Auszüge aus vergangenen Sachverhalten sollen die kriminelle Kontinuität beweisen… Außerdem scheint das LKA Hamburg angeblich die Ermittlungen nach §89a eingestellt zu haben, wohl auch, weil deren Phantasien um Entführungen selbst der Staatsanwaltschaft zu wild waren. Mit Sicherheit laufen allerdings unter anderen Aktenzeichen und Paragraphen die Ermittlungen weiter und sicher auch Teile der o.g. Maßnahmen wie Observationen & Abhörmaßnahmen. Nicht zu letzt deuten darauf auch Verlautbarungen der Pigs hin, welche diese der Presse gesteckt haben.
Abschließend bleibt festzuhalten, dass in Sachen „Streugutkisten“ noch nichts vorbei ist, die DNA Beschlüsse sind viel mehr der Aufschlag zu einer neuen Runde Repression. Die Behörden scheinen auch mehr und mehr daran zu schrauben, dass die Messlatte für DNA-Entnahmen immer tiefer wandert.
Gemeint sind wir alle
Aber der hiesige Fall ist nicht der Einzige, in der das LKA und die Staatsanwaltschaft, DNA unter immer abstruseren Bedingungen entnimmt. So wurden letztes Jahr bei zwei Personen DNA entnommen. Berlin steht dabei nicht alleine, so gab es auch in anderen Städten, zum Beispiel zu letzt in Leipzig, Konflikte um DNA entnahmen. Wie so oft sind von repressiven Maßnahmen, neuen Tendenzen der Polizei und Gesetzgebungen im Sicherheitsbereich, nicht zu aller erst Linksradikale betroffen, sondern lässt sich an all jenen ohne Stimme, Organisationsgrad oder Geld ablesen/sehen wohin die Reise in Sachen Dystopie geht.
Unversöhnliche Bewegungen, haben sich aber schon immer mit Repression konfrontiert gesehen, sie sind weder schuldig noch unschuldig, denn unsere Handlungen, Texte und Leben haben nur den Kompass mit den Koordinaten: Emanzipation, Solidarität und Aufbruch, hin zu etwas Besserem als dem Bestehenden. Der Widerstand gegen den G20 Gipfel war ein Erfolg, weil er sich genau an ebenjenen Koordinaten orientiert hat und eben nicht an bürgerlichen Normen, Moral oder Gesetzen. Das ist einer der Gründe warum es auf der „Welcome to Hell Demo“ nicht zu Szenen wie bei der Loveparade in Duisburg kam, da unsere Solidarität und das aufeinander achten größer war, als die Knüppelwut der Schweine. Einer der Gründe, warum offen für alle gekocht wurde, warum so viele am Widerstand partizipiert haben und warum jetzt versucht wird alles zu diskreditieren. Ob Rondenbarg, die Blockaden, der rote Punkt an den Türen der Anwohner*innen, Elbchaussee, der tapfere Lila Finger, das Kochen & Versorgen oder der Riot in der Schanze, all das zeichnet den Widerstand und dessen Breite aus – den politischen Moment nicht aus der Hand geben, dem Sicherheitsapparat, Politiker*innen und Anderen, nicht den Diskurs über die Gipfel Tage überlassen!
In diesem Sinne: Solidarität mit den Betroffenen. Denn klar ist, die einzige Spucke die „Sie“ verdient haben, ist die, die wir dem Gesicht des Staates kollektiv ins Gesicht spucken.
United we Stand – Freiheit für Alle!
Jeder Repression eine Antwort geben!
Für mehr wilde Aufbrüche!
Einige Solidarische und Andere.
Und weil leider alles in dieser Welt Geld kostet, sind Spenden gerne gesehen (und benötigt):
Rote Hilfe e.V.
IBAN: DE55 4306 0967 4007 2383 17
BIC: GENODEM1GLS
Stichwort: „Streugut“
1Allerdings gehen wir davon aus, dass der Beschwerde nicht stattgegeben wird und die dann noch offenen DNA-Beschlüsse schnell vollstreckt werden